Weniger Rechtschreibfehler bei Diktaten und freien Texten – wie funktioniert das?

Share on facebook
Share on google
Share on telegram
Share on whatsapp
Share on email
Lerntherapeutin

Ob bei Diktaten, Aufsätzen, E-Mails oder Posts in Facebook, weniger orthografische Fehler zu machen lohnt sich, auch, wenn es dafür nicht überall schlechte Noten gibt, wie in z. B. der Schule.

Und viel zu oft werden Menschen daran bewertet, wie viele Fehler ihnen beim Schreiben jeglicher Texte unterlaufen, von Lehrern, Mitschülern, Eltern, Freunden oder Kollegen. Weder hat man immer ein Autokorrekturprogramm parat, noch ist man in der Lage, alle Regeln der Deutschen Rechtschreibung sicher und jederzeit zu beherrschen.

In diesem Zusammenhang hat Wolfgang Menzel sich die Mühe gemacht, und den Grundwortschatz der deutschen Sprache untersucht; hierfür hat er circa 2000 Aufsätze von Schülern der 2. bis 10. Klasse exakt ausgewertet und herausgefunden, dass ungefähr 20 Prozent aller Falschschreibungen auf genau 100 Wörter entfallen. Schüler, die sich die korrekte Schreibweise dieser 100 häufigsten Fehlerwörter einprägen, sind diesen schriftsprachlichen Anforderungen jederzeit gewachsen.

Lesen Sie in diesem Blogbeitrag, welche 100 Wörter am häufigsten falsch geschrieben werden und wie das Training der 100 häufigsten Fehlerwörter funktioniert.

Hier nun die am häufigsten falsch geschriebenen Wörter:

groß – bald – wieder – dann – fahren – wir – zurück – fertig – kommt – hat – fallen – ließ – einmal – plötzlich – fleißig – sehen – morgen – nie – Straße – Vater – hält – sehr – weiß – wäre – Vogel – bekommt – ziemlich – sitzt – gibt – steht – alle – nehmen – muss – viel – Kind – ohne – Ende – fällt – ein bisschen – spielt – Lehrer/Lehrerin – schnell – jetzt – hatte – nicht/nichts – hier – rennt – fährt – lassen – sieht – Mädchen – zu Hause – soll – dies/dieser – Mutter – fehlt – endlich – los – nahm – rief – ihn – kam – geht – wenn – auf einmal – voll – nächste – nimmt – außen/außer/draußen – wird – nämlich – wissen – kriegt – sah – man – Tag – immer – mehr – sagt – kann – stellt – Fahrrad – ganz – am Abend – bekam – allein – fiel – isst – ging – heran/herein/heraus/hinaus/hinein – hätte – ihm – kennt – vielleicht – lässt – stand – denn – wenig – will – Fahrräder

Die Bündelung von einigen Wortgruppen wie beispielsweise “außen/außer/draußen” und “heran/herein/heraus/hinaus/hinein”) sind beabsichtigt, da hier die orthografischen Fehler bzw. Fehlermuster exakt gleich sind. Eine mögliche Falschschreibung wäre z. B. „aussen“ anstatt „außen“, und bei  “heran/herein/heraus/hinaus/hinein” würden Doppelkonsonanten verschriftet, wie „herraus oder herran oder hinnein“.

Für das Training dieser 100 häufigsten Fehlerwörter zeigen wir Ihnen zunächst die allgemeine Herangehensweise auf, finden daran anschließend aber auch noch einige regelgeleitete Einzelerklärungen.

Je nach Alter bzw. Schulklasse des Kindes können Eltern das Training Schritt für Schritt selbstständig durchführen. Selbstverständlich ist aber auch die Nachhilfe ein Ort, um sich mit dem Thema zu beschäftigen und für ausgewählte Wörter natürlich auch die Lerntherapie, wenn sie Kinder mit einer Legasthenie bzw. LRS individuell und passgenau fördert.

Schritt 1: Zunächst muss sich ein Überblick verschafft werden, welche der 100 Wörter vom Kind korrekt verschriftet werden und bei welchem Fehler bzw. Fehlermuster auftauchen. Vor diesem Hintergrund werden dem Kind alle Wörter diktiert, wobei unbedingt auf sowohl auf dialektische Unsauberkeiten geachtet werden sollte wie auch eine zu exakte, an der Rechtschreibung des Wortes selber orientierte Artikulation vermieden werden sollte.

Hierzu ist es wichtig, alle Wörter in der sog. Standardlautung zu diktieren, also in der Art und Weise das Wort aussprechen und betonen, wie man es herkömmlich tut. Beispiel: das Wort „Vater“ wird zwar V A T E R geschrieben, ausgesprochen wird es jedoch V (F) A T A, am Ende des Wortes hört man also eine sog. „Schwa-Laut“, verschriftet jedoch ein „er“.

Schritt 2:  Sinnvoll ist es aus unserer Sicht, die o. g. Liste an Wörtern dem individuellen Wortschatz des Kindes anzupassen, d. h. ein Schüler aus Klasse 10 erhält natürlich die gesamte Wörterliste, wohingegen ein Schüler der Klasse 3 damit vollkommen überfordert wäre.

In diesem Zusammenhang sollte bei jüngeren Kindern bzw. rechtschreibschwachen Schülern das Diktat der Wörter auf mehrere Tage in der Woche verteilt werden, um mögliche Überforderungen und eine auftretende Ermüdung und Unkonzentriertheit aufgrund der Quantität an zu vielen Wörtern möglichst auszuschließen. Wörter, die der Schüler korrekt verschriftet, werden nicht weiterbearbeitet und demzufolge aussortiert. Unter Umständen ergibt es Sinn, den Schüler nach der Regel zu befragen die dazu geführt hat, dass er das Wort korrekt geschrieben hat.  

Schritt 3: Sämtliche nicht richtig geschriebenen Wörter und diejenigen Wörter, bei deren Schreibung das Kind sich nicht ganz sicher war, werden vom Kind erneut auf Karteikarte geschrieben. Wichtig ist, dass pro Karteikarte immer nur ein Wort auf diese geschrieben wird. Auch die oben in Wortgruppen zusammengefassten Wörter sollten bei entsprechenden Fehlern auf je eine Karte geschrieben werden, also eine Karteikarte für “herein”, eine Karte für “heraus” und so weiter.

Schritt 4: Wir empfehlen, auf die Rückseite jeder Karteikarte einen kurzen Satz zu formulieren, der das falsch geschriebene Wort in irgendeinen Kontext einbettet. Wie z.B.: “ohne” – “Wir fahren ohne die Oma an die See”. Gerade bei Kindern mit möglichem Migrationshintergrund oder Kindern aus Grundschulklassen kommt neben dem reinen orthografischen Lerneffekt des einzelnen Wortes auch immer eine Verbesserung der lexikalischen Fähigkeiten zum Tragen, also das einzelne Wort auch sinnergebend in einem Satz gebrauchen bzw. verwenden zu können.

Bitte stellen Sie bzw. der Nachhilfelehrer sicher, dass das Lernwort nicht an den Satzanfang geschrieben wird, da dann das Thema Groß- und Kleinschreibung, das ja ebenfalls wichtig ist, ansonsten keine Beachtung findet, da jeder Satzanfang ja zwingend eine Großschreibung verlangt.

Schritt 5: Nun geht es um das eigentliche Automatisieren der Wörter. Hierzu sollte der Schüler stets in kleinen Päckchen lernen, also nur etwa zehn Wörter pro Tag, bei manchen Kindern ist selbst die Ration zu viel. Zunächst diktieren Sie dem Kind das Lernwort von der ersten Karteikarte und lesen ihm dann anschließend den Satz von der Rückseite der Karte vor, damit das Wort in einem sinnvollen und verstehbaren Zusammenhang gelernt wird. Nun ist es die Aufgabe des Kindes, das Merkwort in dem Satz zu identifizieren und es anschließend eigenständig aufzuschreiben. schreiben.

Schritt 6: Ein Lerneffekt wird verstärkt, wenn das Kind quasi zu seinem eigenen Lehrer wird, d. h. es soll in einer Art Selbstüberprüfung das geschrieben Wort zunächst selbstständig auf Richtigkeit der Schreibweise überprüfen und es erst dann mit sein Schreibergebnis anhand der Karteikartei eigenständig kontrollieren. Sofern das Kind keine Fehler festgestellt hat, rutscht die Lernwortkarte im Karteikasten ein Fach weiter nach hinten. Ist das Wort jedoch falsch verschriftet worden, wird der Fehler korrigiert und die Karte verbleibt in diesem Fall einfach seinem Fach.

Hat das Kind ein Wort in drei aufeinanderfolgenden Übungsdurchläufen immer wieder richtig geschrieben, gilt es als korrekt automatisiert, d. h. korrekt abgespeichert und jederzeit auch wieder korrekt abrufbar und auf Papier in richtiger Schreibwiese reproduzierbar. In diesem Fall wird dann die entsprechende Karte aussortiert und nach einigen Wochen wird der Karteikasten immer leerer, da der Schüler in der Lage war, immer mehr Wörter korrekt zu verschriften.

Auf diese Weise lernt der Schüler die 100 häufigsten Fehlerwörter mit systematisch und notfalls auch kleinschrittig erlernen und verbessert dadurch nicht nur seine künftigen Diktatnoten, sofern diese überhaupt noch geschrieben werden, sondern auch seine Rechtschreibung in Aufsätzen und anderen frei geschriebenen Texten.

Und hier nun einige noch als Ergänzung einige kurze Regeln bzw. „Eselsbrücken“ für einige der o. g. Wörter:

  1. Endlich: dieses Wort kommt von Ende, daher wird es mit einem „d“ verschriftet, obwohl es sich so anhört, wenn es gesprochen wird, als ob es mit einem „t“ geschrieben wird. Die Eselsbrücke wäre: es hat natürlich nichts mit der Ente zu tun, also schreibt man es in der Mitte mit dem Buchstaben D.
  2. Tag: möglicherweise hört man am Ende ein „k“, eventuell auch ein „ch“. Hier hilft immer, den Plural/die Mehrzahl des Wortes zu bilden und dann noch einmal genau zu hören; die Tage. Man hört dann das „g“ relativ gut heraus.
  3. Nämlich: wer nämlich mit „H“ schreibt ist dämlich.
  4. Fertig: dieses Wort schreibt man nicht mit einem „V“, da es nichts mit der reinen Vorsilbe „VER“ zu tun hat wie in Verunsicherung, Versicherung oder Verliebtheit.
  5. Sah: dieses Wort, das hier in der Vergangenheit steht, kommt von sehen als der quasi Wortstamm. Da man „sehen“ mit einem „H“ verschriftet, tut man dies auch in allen Flexionen, also Ableitungen des Wortes:  sehen, sieht, sah, seht her usw.

 

 

Im Beitrag verwendete Fachliteratur

Menzel, W. (1985): Rechtschreibunterricht. Praxis und Theorie: „Aus Fehlern lernen“. Friedrich Verlag, 1985.

Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.