„Wenn du einen wirklich guten Freund suchst, dann kaufe dir einen Hund…“. Diese aus einem berühmten amerikanischen Kinofilm stammende Aussage der 90er Jahre zeigt ganz deutlich die Stellung von Hunden bzw. Tieren und die ihnen zugeschriebene soziale und emotionale Rolle – und dies bei Erwachsenen wie auch bei Kindern gleichermaßen.
Vor diesem Hintergrund wissen wir aus der modernen Lernforschung bereits seit langer Zeit, dass jeder Lernprozess grundsätzlich nicht nur mit kognitiven, sondern auch mit emotionalen und motivationalen Vorgängen verknüpft ist.
Letztere sind von Mensch zu Mensch jedoch sehr unterschiedlich, da sie sehr stark an die jeweiligen Präferenzen (Vorlieben) und individuellen Interessen der lernenden Person gebunden sind.
Beispielsweise kann die Aussicht auf einen hausaufgabenfreien Tag als Belohnung für eine gute Klassenarbeit für das eine Kind sehr motivierend wirken, gleichzeitig jedoch für ein anderes Kind jedoch keinen Anreiz bieten, da es positiv gegenüber dem Thema „Hausaufgaben“ aufgestellt ist. Das heißt, dass der eigentliche Anreiz – und in diesem Zusammenhang denken wir natürlich auch oft an sog. materielle Anreize – intrapsychisch für das lernende Kind von hoher Bedeutung sein sollte, um für den gesamten Lernprozess oder das singuläre Lernergebnis bedeutungs- und wirkungsvoll zugleich zu sein.
Soviel zu den theoretischen Grundlagen einer Entwicklung, die in den letzten Jahren auch in Deutschland Einzug gehalten hat, nämlich der Frage, in wieweit Hunde als positive Wirkfaktoren tiergestützter Interventionen, und dies besonders im Kontext von lernbezogenen Emotionen und Motivation, in der Lerntherapie sinnvoll und produktiv einsetzbar sind.
Grundsätzlich können Interaktionen zwischen Mensch und Tier einen positiven Einfluss auf das Lernen von Kindern und Jugendlichen haben. Empirische Studien deuten darauf hin, dass die Anwesenheit und der Kontakt mit einem Tier im therapeutischen Setting nicht nur Stress und Ängste reduzieren, sondern auch eine beruhigende Wirkung entfalten können.
Ganz konkret schaffen tiergestützte Interventionen somit auf emotionaler und motivationaler Ebene eine bedeutende Grundlage für erfolgreiches Lernen.
Positive Effekte wurden beispielsweise bereits im Rahmen der hundegestützten Leseförderung festgestellt, mit Steigerungen in der Leseleistung und Lesemotivation. Aber wie genau kann man sich die Integration eines Therapie-Hundes vorstellen und wie sehen die Vorteile im Einzelnen aus?
Generell beschrieben ist es die Aufgabe des Therapie-Hundes, den Schülern die Angst und Hemmung vor dem Lesen zu nehmen, ihr Selbstvertrauen zu stärken und sie zum Lesen zu motivieren. Denn nur regelmäßiges Lese-üben verbessert die Leseflüssigkeit und -genauigkeit.
Ein Hund als Zuhörer bringt dabei gegenüber dem menschlichen – denken wir gerade an Vorleseübungen im Klassenverbund – einige nützliche Eigenschaften mit:
♥ Ein Hund als Co-Therapeut kritisiert nie:
Zu wissen, dass der Hund nie über Fehler lacht, die Leseleistung bewertet oder schon ein vorgefertigtes Urteil hat, nimmt den Schülern die Angst vor dem Lesen und lässt sie ganz unbefangen und laut vorlesen. Davon profitieren besonders Kinder, die im Unterricht eher schüchtern und zurückhaltend sind. Mit der Zeit entwickeln die Kinder in Lesesituationen immer mehr Selbstbewusstsein, auf das sie dann auch ohne Hund zurückgreifen können.
♥ Ein Hund als Co-Therapeut unterbricht das Vorlesen nicht:
Über kleinere Fehler sieht ein Hund großmütig hinweg – dadurch bleiben die Schüler im Lesefluss und werden durch Verbesserungen nicht ständig herausgerissen.
♥ Ein Hund als Co-Therapeut motiviert zum Lesen:
Da es in der Vorlesezeit mit dem Hund praktisch keine Misserfolge gibt, entwickeln Kinder, die sonst wenig Freude am Lesen haben (was ja oft auch mit einer mangelnden Lesekompetenz verbunden ist), leichter Spaß an Büchern und sind motiviert bei der Sache – schließlich wollen sie ihren Zuhörer beim nächsten Mal mit neuen Geschichten und verbesserten Lesefähigkeiten überraschen. Der Hund ist sozusagen ein positiver Verstärker, der das Lesen wieder mit schönen Eindrücken und Erfolgserlebnissen verknüpft.
♥ Ein Hund als Co-Therapeut entspannt die Vorlesesituation:
Beim Vorlesen können die Kinder den Hund streicheln und seine Nähe spüren, was die Situation zusätzlich entspannt. Ohne Anspannung und Stress fällt es den Schülern viel leichter, flüssig zu lesen.
Nochmal sei zu betonen, dass der Einbezug in die „normale“ Lerntherapie-Stunde von tiergestützten Therapie-Elementen vielversprechende Wirkungen in der lerntherapeutischen Praxis zeigt und kann Kinder und Jugendliche auf emotionaler und motivationaler Ebene unterstützen, positive Lern- und Leistungserfahrungen zu machen.
Was kann eine tiergestützte Therapie bewirken?
♥ Fördern von Kontaktaufnahme, Kommunikation und Interaktion
♥ Überwinden von Ängsten
♥ Aufbauen von Selbstvertrauen, Selbstachtung und sozialer Anerkennung
♥ Auflösen von seelischen und körperlichen Blockaden
♥ Aktivieren von Handlungsbereitschaft und Motivation
♥ Fördern von sozialen Kompetenzen
Es ist allerdings fundamental wichtig, dass bei allen tiergestützten Interventionen es von entscheidender Bedeutung ist, die Bedürfnisse von Mensch und Tier sorgfältig aufeinander abzustimmen. So schätzen einige Kinder beispielsweise nur die Anwesenheit eines Hundes, ohne jedoch mit diesem in einen direkten Kontakt zu treten bzw. zu interagieren.
Aus Tier-Sicht muss gleichzeitig das Ruhebedürfnis des Tieres angemessen berücksichtigt werden, und es sollte immer ein zugänglicher Rückzugsort vorhanden sein. Die Verantwortung liegt dabei stets beim Menschen als Therapeut, der nicht nur den therapeutischen Prozess, sondern auch den Aufbau der Beziehung zum Kind oder Jugendlichen (sog. Joining) gestaltet.
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