Einzelnachhilfe oder Nachhilfe in Gruppen: Welche Förderung ist die Richtige?

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Lerntherapeutin

Nachhilfe in Mathe, Deutsch oder Englisch kann durchaus zu einem schulischen Erfolgsfaktor werden. Aus diesem Grund ist die Wahl einer adäquaten Nachhilfe-Form für den Schüler von entscheidender Bedeutung! Leider beschäftigen sich die meisten wissenschaftlichen Studien und Fachberichte primär mit der Frage der Wirksamkeit von Nachhilfe (…und Nachhilfe wirkt…) oder streifen das Thema nur recht oberflächlich und, wie wir finden,  unsubstantiiert. Wir möchten Ihnen jedoch die Frage beantworten, auf welche Weise und in welcher Form Nachhilfe das Lernen von Schülern möglichst effektiv unterstützt.

Eingangs sei jedoch betont, dass Nachhilfe – unabhängig von der gewählten Form – nur dann dem Schüler etwas bringt (mögliche Notenverbesserung, Abbau von schulischen Defiziten, Nachholen verpassten Schulstoffs usw.), wenn das Kind selbst bereit ist, ohne elterlichen Druck freiwillig zur Nachhilfe zu gehen, um dort die entsprechenden  Lernangebote anzunehmen und mit dem jeweiligen Nachhilfelehrer zu kooperieren. Effizientes Lernen gelingt nur dann, wenn Lernmotivation, positive Lerneinstellung, förderliche Lernumgebung bzw. positive Emotionen und eine einfühlsame, kompetente Lehrkraft ein positives Konglomerat bilden.     

Generell gilt: Ob Schüler besser im Einzelunterricht (im häuslichen Umfeld [online bzw. Hauslehrer] oder in einem Institut) oder in einer Lerngruppe (bei einem Nachhilfeinstitut) lernen, ist nicht nur umstritten, sondern hängt – wie so oft – auch vom jeweiligen Einzelfall ab.

Dialogstruktur des Nachhilfeunterrichts

Unabhängig davon, aber wichtig für das weitere Verständnis, ist die (kommunikative) Grundlage eines effektiven Nachhilfeunterrichts eine gelungene Interaktion zwischen dem Lehrenden (Nachhilfelehrer, Tutor, Dozent) und dem Lernenden (Schüler) im Sinne einer erfolgreichen Kooperation beider. Ziel dieses interaktiven Dialoges kann es nur sein, ein gemeinsames Verständnis für das jeweilige Thema zu entwickeln, um eine möglichst hohe Lernwirksamkeit zu erreichen. Dabei gehen wir grundsätzlich von folgender, typischer Dialogstruktur aus:

Der Nachhilfelehrer stellt dem Schüler eine Frage zum gewählten Thema, die der Lernende dann versucht, adäquat zu  beantworten, woraufhin der Lehrer dann ein entsprechendes Feedback über die Korrektheit der Antwort erteilt. Hierbei arbeiten Nachhilfelehrer und Schüler gemeinsam an einer möglichen qualitativen Verbesserung der Antwort (gemeinsames Eingehen auf spezifische Verständnisprobleme) und schlussendlich verifiziert der Lehrer (…unter dem möglichen Einsatz zusätzlicher Fragen…), ob der Lernende das Thema nun besser verstanden hat. Auch ein „reziproker Dialog“ ist denkbar, bei dem der Schüler mit einer Frage eröffnet usw.

Vor diesem Hintergrund wird auch unmittelbar evident, dass das schulische Angebot diesen oben dargestellten Prozess nicht für die Vielzahl aller Schüler pro Klasse darstellen kann und Lehrer – in Ermangelung der Zeit – maximal die Antwort des Schülers (kurz) bewerten können, wenn überhaupt.    

Und klar ist auch: Gruppennachhilfe ergäbe nur dann Sinn, wenn es dem Nachhilfeinstitut de facto gelänge, Schüler in solche Gruppen zusammenzufassen, die alters-, fach-, klassen- und schulformhomogen sind, um für alle Schüler die selben Themen und den selben Stoff besprechen zu können; und allen Schülern der Gruppe müssten demnach die gleichen Aufgaben gestellt werden. Dieses Konzept erinnert ein wenig an das eines Sprachkursanbieters, bei dem sich beispielweise neue Lerner einer Fremdsprache zusammenfinden – hat aber mit der Realität von sog. Gruppenbildungsprozessen in deutschen Nachhilfeschulen wenig gemeinsam. Allein aufgrund der großen zeitlichen Divergenz von solchen Schülern, die die o. g. Voraussetzungen alle erfüllen müssten, ist eine solche Unterrichtsform in der Praxis fast ausgeschlossen. 6 Nachhilfeschüler z. B. alle Gymnasiasten derselben Schule und Jahrgangsstufe bzw. Klasse angehörig, im Fach Französisch freitags um 15.00 Uhr in eine Gruppe einzuteilen, ist schlichtweg unrealistisch. Und auch heute noch ist für die Mehrheit der Nachhilfeschüler es eher peinlich zuzugeben, dass sie Nachhilfe erhalten, so dass ein offener Umgang mit dem Thema innerhalb von Klassengemeinschaften eher die Ausnahme, als die Regel bildet.

Darüber hinaus ist wissenschaftlich belegt, dass die geforderte Fachhomogenität im Sinne eines gleichen Wissensstandes aller 6 Schüler im Fach Französisch (um bei dem o. g. Beispiel zu bleiben) oft nur reine Theorie ist, da sich die Lernkurven und -niveaus vieler Schüler und gerade, was die Ausprägungen derer Defizite anbelangen, oft nicht auch nur annähernd ähneln.

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Gruppenunterricht in Form von Einzelunterricht

Das Format Gruppenunterricht bzw. Kleingruppenunterricht ist nur dann effektiv und schülerzentriert, wenn es in einem Einzelunterricht in Kleingruppe ausgestaltet wird, in welchem die Nachhilfelehrkraft jeden Schüler auf die oben beschriebene Art einzeln betreut und anleitet. Es wird unmittelbar klar, dass je größer die Gruppenstärke, desto geringer die jeweilige Betreuungsquote (hier definiert als die zeitliche Kapazität, die einem Schüler in 60 oder 90 Minuten Nachhilfeunterricht zur Verfügung steht) für jeden einzelnen Schüler ausfällt. Zudem beobachten wir es häufiger, dass der Geräuschpegel in einer solchen Lerngruppe sehr hoch sein kann und sich Schüler, die für den Nachhilfelehrer gerade eine schriftliche Aufgabenstellung bearbeiten, über ein sehr gutes Konzentrationsvermögen bzw. eine hohe Daueraufmerksamkeit verfügen müssen, um nicht ständig abgelenkt zu werden. Daraus ergibt sich auch, dass ein so organisierter Gruppenunterricht im Interesse der anwesenden Schüler stark schriftlich und möglichst auf Stillarbeit fokussiert sein muss und z. B. mündliche Vorbereitungen auf verbale Prüfungen logischerweise keinen Eingang finden. Auch ein „minutenlanger“ intensiver Dialog zwischen Schüler und Nachhilfelehrer stört die anderen Lerner gleichermaßen, wie auch die Raumgröße (Stichwort Besenkammereffekt) oder der allgemeine Lärmpegel durch laute Straßenlage und dergleichen einen kontraproduktiven Einfluss auf die Lernatmosphäre hat.

In diesem Zusammenhang ist auch wichtig, wie die Gruppenkonstellation im Einzelnen aussieht: befinden sich sehr lebhafte oder hyperaktive Schüler in der Gruppe, so wird es dem Lehrer sehr schwer fallen, einen ausgewogenen Unterricht zu gestalten, von dem alle profitieren können. Auch die vom Verbraucherschutz  für Bildungsfragen aufgestellte Behauptung, dass ein Schüler im Rahmen der Gruppennachhilfe von den Fragen der anderen Kinder profitiere, stellt aus unserer Sicht einen zu vernachlässigenden Einzelfall dar, denn – wie oben beschrieben – kommen solche homogene Lerngruppen praktisch nur ganz selten vor und beim Konzept der Einzelnachhilfe in der kleinen Lerngruppe hat jeder Schüler generell ein anderes Thema in Bearbeitung.

Vorteile Gruppenunterricht

Was grundsätzlich für den Lerngruppenunterricht spricht ist die Tatsache, dass die Schüler unter Gleichgesinnten mit ähnlichen Lernproblemen agieren und auf diese Weise feststellen, dass auch andere Probleme und Lernschwierigkeiten haben und sie sich mit ihren fachlichen Problemen nicht alleine fühlen und es darüber hinaus auch nichts Schlimmes ist, Nachhilfeunterricht zu erhalten. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls feststellbar, dass sich die (Lern-) Motivation eines jeden einzelnen Schülers durch das  gemeinsame Lernen erhöhen kann und auch eine soziale Interaktion bzw. Austausch mit anderen Gruppenteilnehmern ermöglicht wird.

Immer wieder weisen die zwei großen Nachhilfe-Ketten – meistens auf der Basis eigens durchgeführter Studien  – gerne auf die Überlegenheit des Gruppenunterrichts im Vergleich zum Einzelunterricht in puncto Notenverbesserung und auch Kosten pro Unterrichtsstunde für die Konsumenten hin, denn Gruppennachhilfe ist grundsätzlich günstiger als Einzelunterreicht (beim Schüler zuhause oder in der Nachhilfeschule).  Was jedoch das Hauptkriterium einer zielführenden Nachhilfe insgesamt angelangt (i. e. fachlich-inhaltliches Profitieren von der Sozialform Gruppenunterricht), so sind aus unsere Sicht jedenfalls  Schülerprofile vorstellbar, für die der Einzelunterricht in Gruppe absolut ausreichend ist und die aufgrund der dort erhaltenen Erklärungen und eigenem intensiven häuslichen Vertiefen des Stoffs durchaus passable Verbesserungen und gesteckte Lernziele erreichen. Diese Schüler verfügen von vorneherein über eine gute Lernstruktur und Lernorganisation und benötigen Nachhilfe lediglich als globalen „Anstupser/Input“, wohingegen dies für Schüler mit starken Defiziten schier unmöglich scheint.

Ein letzter Vorteil des institutionellen Gruppenangebotes ist die Tatsache, dass der Unterricht fast nie ausfällt und somit eine Regelmäßigkeit (konstante Unterrichtshäufigkeit) gegen ist, da im Krankheitsfall ein Kollege einspringt – dies ist im Einzelnachhilfe-Segment oftmals nur sehr schwer abbildbar.

Insgesamt sind wir der Meinung, dass sich Eltern die einzelnen Vor- und Nachteile genau vor Augen führen und dann ggf. gemeinsam mit dem Schüler abwägen sollten, ob sein Anforderungsprofil an Nachhilfe auch tatsächlich mit dem oben dargestellte Format des Gruppenunterrichts übereinstimmt (matching).

Klassische Einzelnachhilfe

Reiner Einzelunterricht mit einem Lehrer und einem Schüler hat den Vorteil, dass sich der Lehrer voll und ganz auf den Schüler konzentrieren kann und der Schüler somit die volle und ungeteilte  Aufmerksamkeit genießt. Dies kann ein entscheidender Vorteil im Gegensatz zum oben skizzierten Gruppenkonzept sein. Möchte der Schüler beispielsweise ein großes Stoffpensum schnell aufholen oder hat in der Schule (durch Krankheit etc.) sehr viel Unterrichtsstoff verpasst, so halten wir diese Form der Nachhilfe für die zielführendere.

Auch der Grad der Informationsaufnahmefähigkeit und des Verstehens des vermittelten Schulstoffs beim Schüler ist entscheidend: So haben Schüler mit starken Verständnisproblemen die Möglichkeit, durch wiederholtes und intensives Nachfragen beim Nachhilfelehrer immer neue und variantenreiche Erklärungsansätze an die Hand zu bekommen, bis der Schüler es verstanden hat. Spezifische, weitergehende  Fragen zu  einzelnen schulnahen Stoffgebieten können ebenso mit dem Nachhilfeprofi andiskutiert werden, ohne dabei auf andere Kursteilnehmer Rücksicht nehmen zu müssen und das verbale Format kann einen genauso dominierenden Stellenwert okkupieren, wie es das schriftliche im klassischen Gruppenunterricht tut.

Viele Nachhilfeinstitute werben im Rahmen des Einzelunterrichts auch mit einem Lehrerwechsel, sollte die Chemie zwischen Tutor und Schüler einmal nicht stimmen. Hier sollte man – entgegen werblicher Versprechen – schon wissen, dass diese Möglichkeit grundsätzlich sehr eingeschränkt ist und entscheidend davon abhängt, wie viele freie Lehrkräfte beim Unternehmen arbeiten, denn viele Institute halten Lehrkräfte ja nicht in einem Pool vor, wie dies in anderen Brachen vielleicht üblich ist.

Findet die Einzelnachhilfe zuhause beim Schüler statt, so spart man in den meisten Fällen zunächst einmal Zeit und Geld, nämlich die Fahrtkosten. Im Gegensatz zum Gruppenunterricht kann man die Unterrichtstermine Woche für Woche frei bestimmen bzw. mit dem Lehrer (flexibel) festlegen, was nicht gegen das Prinzip der Kontinuität der Einzelnachhilfe verstößt. Dass auch Nachhilfelehrer Menschen sind, die andere Termine haben, im Stau stehen oder auch mal krank werden können, reduziert die viel Gepriesene Flexibilität in der Praxis jedoch schon – Wunder kann man nicht erwarten. Auch wird eine sehr enge Beziehung zwischen Eltern und Nachhilfelehrer gewährleistet (der Vater schaut dem Nachhilfelehrer über die Schulter) und der Schüler lernt in der für ihn vertrauten Umgebung. Umgekehrt formuliert, darf das häusliche Umfeld jedoch nicht ein zu großes Stör- und Ablenkungspotenzial bieten, wo die sofort greifbaren Spielsachen des Schülers, eine herumlaufende Katze, laute Geschwisterkinder oder Musik usw. dann störende Lern-Effekte induzieren würden.

Auch ist wichtig darauf zu achten, dass im Privathaushalt die Lern-Infrastruktur ähnlich die des Nachhilfeinstitutes ist: so ist ein möglicher Zugriff auf Arbeits- und Unterrichtsmaterialien sicherzustellen, um z. B. Arbeitsblätter downloaden und ausdrucken zu können. Für Kinder mit ADHS-Problematik halten wir den Einzel-Unterricht zu Hause beim Schüler für nicht so geeignet, wie den institutionellen Einzel-Unterricht in der Nachhilfeschule, da sich solche Kinder von den häuslichen Gegebenheiten viel eher ablenken lassen, als in einen Unterrichtsraum einer Nachhilfeinstituts.

Fazit und Implikationen

Einzelnachhilfe hat Vorteile, als auch Nachteile und beim Gruppenunterricht ergibt sich das gleiche Bild. Eine pauschale Aussage, welche Form des Unterrichts im Einzelfall erfolgversprechender erscheint, ist so nicht möglich – zu viele verschiedenen Implikationen und Kriterien sind zu berücksichtigen vor dem Hintergrund, dass jeder Mensch unterschiedliche Lernvoraussetzungen und Lernanforderungen mitbringt. Die einzige wirkliche Empfehlung, die wir als abgesichert betrachten ist die, dass bei Vorliegen der nachfolgenden Merkmale ein klassischer Einzelunterricht (1:1-Situation) begründbar sinnvoller erscheint:

+ Notwendigkeit einer zeitlich sehr intensiven und zielgerichteten Beseitigung umfangreicher Lernstoff-Defizite in quantitativer und qualitativer Hinsicht

+ Schüler mit hyperkinetischen Störungen (ADHS) bzw. sehr schüchterne, introvertierte, ängstliche Menschen

Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.