Die vier größten Irrtümer über Nachhilfe

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Lerntherapeutin

Nachhilfe hilft immer und jedem, Nachhilfeunterricht ist passend für sämtliche Schulprobleme, Notenverbesserungen lassen sich kaufen usw.; es gibt viele falsche Vorstellungen über das Phänomen Schülernachhilfe, leider oft erzeugt durch die Werbeversprechen großer Nachhilfe-Ketten, die Nachhilfe als cooles Coaching für Schüler anpreisen, und obendrein sei es noch geiler als Schummeln oder wenn die Note 5 nicht weg sei, bekommt man sein gezahltes Geld zurück. Lehrer empfehlen und liquide Eltern greifen großzügig und teilweise unüberlegt und voreilig zum Produkt Nachhilfe, denn – ähnlich der Einnahme von Aspirin – schadet diese scheinbar nie und hilft fast immer, so die trügerische Vorstellung.

Wir wissen jedoch, dass das Allerheilmittel Nachhilfe ähnlich den Nebenwirkungen von Medikamenten, durchaus auch Dinge verschlechtern oder am eigentlichen Problem vorbei implementiert werden kann, sodass der Schüler nach einem Jahr Nachhilfeunterricht sogar noch schlechtere Noten mit nach Hause bringt und gleichzeitig wichtige Lernzeit sozusagen weggeschenkt wurde. Woran dies im Einzelnen liegt, versuchen wir hier auf insgesamt 4 markante Punkte zu verdichten.

Irrtum Nr. 1: Alle Lernschwierigkeiten lassen sich durch Nachhilfe lösen

Falsch! Auch wenn das Wort Hilfe zunächst suggeriert, der Lösungsschlüssel für alle Schwierigkeiten in der Schule zu sein und ein unreflektierter Einsatz via Gießkannenprinzip sämtliche Probleme aus der Welt schaffen würde, so ist ein genauer Blick auf die Ursachen unabdingbar! Lernschwächen oder Lernschwierigkeiten können viele verschiedene Ursachen haben, so z. B. ein Lehrer- oder Schulwechsel, längere Krankheit und hoher Unterrichtsausfall, Scheidung der Eltern, die falsche Schulform, ein punktuelles oder temporär begrenztes Leistungstief oder schon langfristig andauernde Verstehens-Probleme, eine Fächer-, Lehrer- oder Schulangst, motivationsbedingte Schulunlust und Desinteresse (u. a. Underachiever), Entwicklungsstörungen der Sprache bzw. Wortschatzmangel primär bei Migrationshintergrund, bereichsunspezifische Störungsbilder wie ADHS mit den Erscheinungsformen der Unaufmerksamkeit oder Konzentrationsschwäche, eine auditive Wahrnehmungsstörung sowie eine Lese-Rechtschreibschwäche oder -Störung bzw. eine Rechenschwäche/-störung.

Dem interessierten Leser wird schon jetzt klar, dass gerade die zuletzt genannten Ursachen, die alle zu mehr oder minder großen Lernschwierigkeiten oder Lernstörungen führen, niemals durch das Format Nachhilfe aufgefangen bzw. behandelt werden können. Bei Fehlen wesentlicher Lernvoraussetzungen oder sogar dem Vorliegen einer Lernstörung ist der klassische Nachhilfeunterricht nicht zielführend und als Instrument grundsätzlich ungeeignet. Inhaltlich gehen somit die Lernprobleme weit über bloße temporäre Schulstofflücken hinaus und die betroffenen Schüler zeigen meistens auch fächerübergreifend gravierende Defizite und dies auch öfter über einen längeren Zeitraum. Gerade für Lernstörungen sind darüber hinaus auch starkes fehlendes Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten (negatives Selbstvertrauen, Selbstwirksamkeit und Selbstkonzepte) signifikant.

ACHTUNG: Nach unserer langjährigen Beobachtung erhalten jedoch viele Schüler und oft über einen längeren Zeitraum erst einmal Nachhilfe, dies jedoch verständlicherweise ohne sichtbare Erfolge oder spürbare positive Auswirkungen. Dies geschieht ganz oft aus Unwissenheit der Eltern oder vollmundiger Versprechungen von Nachhilfeanbietern, die hier nicht mit offenen Karten spielen können oder wollen. Unverzichtbar für eine genaue Identifikation der Kernsymptomatik des Schulleistungsversagens ist der Einsatz einer pädagogischen bzw. pädagogisch-psychologischen Eingangsdiagnostik anhand von standardisierten Testverfahren. Wissenschaftsbasierte Lerntherapie unterscheidet sich in diesem Punkt ganz eindeutig von einfacher Nachhilfe, die oft auf eine Eingangsdiagnostik verzichtet bzw. diese nur anhand von schriftlichem Aufgabenmaterial abbildet.  Auf der Grundlage ihres ganzheitlichen Ansatzes und dem Ziel, individuelle Lernwege zu ermöglichen, bedient sie sich einer multiinstrumentellen Methodik und setzt vielfältige Therapie-, Trainings-  und Anschauungsmaterialien, Lernspiele und Trainingsprogramme ein und ist damit wesentlich variantenreicher aufgestellt, als Nachhilfe, auch mit Blick auf das Anvisieren und Abstellen auf die unterschiedlichen Sinneskanäle.

Irrtum Nr. 2: Bessere Noten lassen sich durch Nachhilfeunterricht erkaufen

Wie so oft werden Meinungen und Einstellungen zu bestimmten Themen maßgeblich durch die Werbung mitgeprägt, und nichts leichter als das im modernen Medienzeitalter mittels hochfrequente Multi-Channel-Werbung. Gerade die beiden deutschlandweiten Anbieter auch Bochum und Gelsenkirchen überbieten sich in werblichen Versprechen mit Blick auf schnelle Erfolg. Jeder Schüler ist einzigartig und Lernen ist ein individueller Vorgang, auch wenn er im Klassenverbund stattfindet. Aus gleichem Schulunterricht entsteht in den Schülerköpfen Unterschiedliches. Und echtes Lernen kann nur stattfinden, wenn sich das schulschwache Kind intensiv mit einem Problem befasst, nach Lösungswegen sucht und seine mit den der anderer Schülern vergleicht. Lernen ist immer ein individueller und konstruktiver Akt des einzelnen Kindes. Eine Belehrung bzw. direkte Instruktion durch den Nachhilfelehrer in Form von Vormachen und Nachmachen, trägt allein nur selten zum echten Verständnis bei. Sie ist nur dann erfolgreich, wenn das Verfahren, das von der Lehrkraft vorgemacht wird, einerseits exakt an das bisherige Wissen des Schülers anknüpft und vom Schüler gedanklich vernetzt werden kann. Andernfalls kann der Lernende nur imitieren („nachplappern“, nur auswendig lernen)  ohne jedoch die echten Zusammenhänge verstanden zu haben.

Wir wissen, dass dieser Prozess eine monate-, teilweise sogar jahrelange Kleinarbeit zwischen Nachhilfedozent und Schüler darstellt mit offenem Ausgang, denn zu viele externe und interne Einflussgrößen sind verantwortlich für erfolgreiches Lernen! Ob sich am Ende dann auch die Noten verbessern, liegt nicht nur am Schüler, sondern auch an der individuellen Bewertungshärte des Lehrers oder, ob sich der Schüler in einer sehr lernstarken Klasse befindet (sog. Fischteicheffekt). Eine Verbesserung im schulischen Lernen kann man sich nicht mit Geld erkaufen ähnlich einem Prozess vor Gericht: auch hier kann Ihnen kein Anwalt garantieren, dass sie den Prozess gewinnen werden – auch hier ist der Ausgang offen, da ebenfalls von zu vielen beeinflussenden Variablen abhängig. Deshalb lassen Sie sich nicht blenden von vollmundigen Versprechen und geben sie ihrem Kind die nötige Zeit, sein Lernverhalten zu verbessern und langfristig selbstständig erfolgreich zu lernen. Und in diesem Zusammenhang wohnt Nachhilfe somit ein prinzipielles Risiko inne, das Selbstvertrauen und die Eigenständigkeit des Kindes zu schwächen. Wenn der Nachhilfelehrer dann noch das falsche tut, also fleißig erklärt und Fragen beantwortet, könnte sich sein Schüler angesichts von intellektuellen Anforderungen eine passiv-ängstliche Grundhaltung angewöhnen, die ihm sogar durch ein verschobenes Selbstkonzept noch nach der Schulzeit Probleme bereiten könnte.

Irrtum Nr. 3: Nur ein Einser-Student ist ein ist ein guter Nachhilfelehrer

Falsch! Nachhilfelehrer, zumeist Studenten, die selber zu Schul- und Studienzeiten mit Spitzennoten glänzen konnten, reagieren in der Nachhilfesituation mit schwachen Schülern häufig ungeduldig und zeigen wenig Verständnis für die Langsamkeit und die Transferprobleme des Schülers. Aus unserer Sicht ist in jedem Fall der ein guter Nachhilfelehrer, der in seiner Schul- und Studienlaufbahn durchaus auch mit eigenen schulische Minderleistungen zu kämpfen hatte und aus diesem Grund Lernschwierigkeiten für diesen keine vollkommen unbekannte Größe darstellen. Ein methodisch-didaktisches Händchen, ein aufmunterndes Wort, der Glaube an den Schüler und ein echtes Verständnis für dessen Problemlage und negatives Selbstkonzept sind viel wichtigere Wirkfaktoren für erfolgreiche Nachhilfe, als sehr gute Noten. Variantenreiches, schülerzentriertes und gleichzeitig einfühlsames Erklären anstatt nur Aufgabenblätter zu verteilen und zu korrigieren ist der Schlüssel zum Erfolg! Denn: die meisten studentischen Nachhilfekräfte sich schulfachlich natürlich doch so fit, um gerade schlechten Schülern mit ihrem Fachwissen zielführend und gewinnbringend unter die Arme greifen zu können, denn 95% aller Nachhilfeschüler sind schulisch schlecht bis sehr schlecht teils mit großen Lücken im Schulstoff.  

Irrtum Nr. 4: Verbessern sich die Noten nicht, ist immer das  Nachhilfeinstitut schlecht

Falsch! Erfolgreiches Lernen, und damit ist noch keine Notenverbesserung, sondern eine Themenverstehens-verbesserung gemeint, ist von sehr vielen Variablen abhängig, die jedoch nicht direkt bzw. unmittelbar im Einflussbereich des motivierten und qualifizierten Nachhilfelehrers liegen. Für uns stellen sich ganz oft die folgenden, bedeutsamen  Einflussfaktoren in den Mittelpunkt: das Vorwissen und die  Motivation bzw. Volition des Schülers. Die Motivation, gute Noten zu erhalten bzw. seine schlechten Noten zu verbessern (beispielsweise von Note 5 auf Note 4), wird beim Schüler entweder intrinsisch (…ich will das selber erreichen…ich finde das Fach spannend…) oder extrinsisch (z. B. Erwartungen der Eltern bzw. Noten des Lehrers) erzeugt. Zusätzliche bedeutsam ist seine Volition, als seine Fokussierung auf das Wichtige, seine Überzeugung, es schaffen zu können sowie seine Umsetzung (Planung und Problemlösung) und Selbstdisziplin.

Es gibt sehr oft Schüler, die glauben – auch wenn sie es von vielen Seiten anders hören – mit dem Absolvieren der wöchentlichen Nachhilfestunde ihren Beitrag zum Thema „Notenverbesserung“ vollumfänglich geleistet zu haben, anstatt zuhause den Inhalt zu rekapitulieren bzw. zu vertiefen, Vokabeln zu lernen oder noch einmal den Lösungsweg nachzuarbeiten. In diesem Fall verpuffen die sinnvollen und plausiblen Erklärungen aus der Nachhilfe quasi wirkungslos, da sie nicht in häuslicher Stillarbeit automatisiert wurden, denn die Wiederholung eines ansonsten verstandenen Themas ist die conditio sine qua non erfolgreicher Wissensaneignung und Wissenserweiterung.

Erfolgreiches Lernen Lernhelden Siegen
Erfolgreiches Lernen nach Hasselhorn / Gold

Vorwissen zu schulischen Themen ist ein ebenfalls ganz entscheidender Faktor: liegen die Wissenslücken im Schulstoff teilwiese schon Jahre zurück, da z. B. in der Grundschule kein wirkliches Verständnis bzw. echte Grundvorstellungen von der Division von Zahlen und Mengen entwickelt wurde, so führt dieses Vakuum – gerade bei einem stark hierarchisch aufgebauten Fach wie der Mathematik – zu erheblichen Defiziten beim Verstehen von der Division von Brüchen oder Dezimalzahlen. Andererseits kommen Schüler ins die Schule, die bis zum Schuleintritt zuhause leider nur sehr wenig Deutsch gesprochen habe wenig Deutsch gesprochen haben und deshalb viele Wörter, Gegensätze, Oberbegriffe u. v. m. von ihrer Bedeutung her nicht kennen. Dass dies dann eine starke, negative Implikationen für den Schriftspracherwerb (Lesen und Schreiben) dieser Kinder hat, erklärt sich fast von selbst. Aber auch das häufige Ausfallen von Unterrichtsstunden an Schulen oder ein vielfacher Lehrerwechsel mit dann immer wieder neuen Erklär-Mustern der Staatsdiener belegen die o. g. These.                 

Im Beitrag verwendete Fachliteratur

Hasselhorn, M., Gold, A.: Pädagogische Psychologie -Erfolgreiches Lernen und Lehren (2017), 4. Aktualisierte Auflage, Stuttgart: Kohlhammer

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